skandalös!

Der Bund wird das bindende Urteil des EuGH in der Sache Römer nicht umsetzen

Die Bundesjustizministerin an den LSVD: Die Betroffenen können ja klagen

25.06.2011 - Zur abschließenden Lesung des "Entwurfs eines Gesetzes zur Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften" am 30.06.2011 im Deutschen Bundestag (BT-Drs 17/3972) erklärt Manfred Bruns, Sprecher das Lesben und Schwulenverbandes (LSVD):

Nach dem Gesetzentwurf sollen die verpartnerten Beamten, Richter, Soldaten und Versorgungsempfänger des Bundes erst ab dem 01.01.2009 im Besoldungs- und Versorgungsrecht mit Ehegatten gleichgestellt werden. Das widerspricht dem bindenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 10.05.2011 in der Rechtssache Römer (C-147/08). Der EuGH hat entschieden, dass die Betroffenen ab dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2000/78/EG am 03.12.2003 Anspruch auf dasselbe Arbeitsentgelt wie ihre verheirateten Kollegen haben und zwar unabhängig davon, ob der deutsche Gesetzgeber die Gesetze entsprechend ändert oder nicht.

Darauf hat der LSVD den Innenausschuss des Deutschen Bundestages, den Bundesminister des Innern und die Bundesjustizministerin mit Schreiben vom 10.05.2011 hingewiesen. Die Bundesjustizministerin hat in ihrem Antwortschreiben vom 23.06.2011 die Rechtsauffassung des LSVD bestätigt. Wörtlich schreibt Sie:

„Der Europäische Gerichtshof hat am 10. Mai 2011 entschieden, dass Betroffene das durch die Richtlinie 2000/78/EG gewährleistete Recht auf Gleichbehandlung ab dem Ablauf der Umsetzungsfrist, also ab dem 3. Dezember 2003, unmittelbar aus der Richtlinie geltend machen können. Dabei müssen sie nach der ausdrücklichen Feststellung des Gerichts gerade nicht abwarten, dass der nationale Gesetzgeber die maßgeblichen Vorschriften mit dem Unionsrecht in Einklang bringt.“

Aber die Bundesjustizministerin sieht „keine Aussicht, hierüber im bereits seit längerer Zeit laufenden Gesetzgebungsverfahren mit dem Koalitionspartner eine Einigung erzielen zu können.“

Die Koalition wird also am kommenden Donnerstag ganz bewusst das Recht brechen: Die CDU/CSU, weil für sie Lesben und Schwule keine vollwertigen Staatsbürger sind, und die FDP, weil sie wegen der Lesben und Schwulen mit der CDU/CSU keinen Koalitionskrach beginnen will.

Wir finden es zynisch, dass die Bundesjustizministerin die Betroffenen offenbar damit trösten will, dass sie klagen können. Soll das ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für die Gerichte sein?

Manfred Bruns
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof a.D.

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