EuGH-Generalanwalt fordert gleiche Rechte für homosexuelle Paare in allen 27 Mitgliedstaaten
von Dr. Helmut Graupner*)
Rechtskomitee LAMBDA: "Richtungweisender Fall für ganz Europa"
*) RKL-Präsident Graupner vertritt ILGA-Europa (die europäische Region der International Lesbian and Gay Organisation ILGA) in einem Präzedenzfall vor dem Gerichtshof der Europäischen Union. In Jürgen Römer gegen die Stadt Hamburg (C-147/08) fordert nun der Generalanwalt, dass gleichgeschlechtliche Paare in der gesamten Union Zugang zu allen arbeitsrechtlichen Vergünstigungen haben müssen, wie sie Ehepaaren gewährt werden.
Herr Jürgen Römer ist ein pensionierter Dienstnehmer der Stadt Hamburg. Seit 1969, also seit über 40 Jahren, lebt er mit seinem Partner Alwin Ulrich. 1999 haben sie ihre Partnerschaft bei der Stadt Hamburg registrieren lassen ("Hamburger Ehe") und 2001, unmittelbar nach der bundesweiten Einführung der eingetragenen Partnerschaft, haben sie die "Eingetragene Lebenspartnerschaft" geschlossen.
Die Stadt Hamburg zahlt Herrn Römer eine niedrigere Pension als verheirateten Pensionisten. Seine Alterspension ist nur deshalb geringer, weil er einen (gleichgeschlechtlichen) eingetragenen Partner und nicht einen (verschiedengeschlechtlichen) Ehepartner hat. Deutschland erlaubt die eingetragene Partnerschaft nur gleichgeschlechtlichen Paaren und die Zivilehe nur verschiedengeschlechtlichen. Herr Römer klagte und das Hamburger Arbeitsgericht legte die Sache dem EuGH vor zur Auslegung der EU-Antidiskriminierungs-Richtlinie.
Herr Römer wird von der Hamburger Rechtsanwältin Birgit Boßert und durch die ILGA-Europa vertreten, diese wiederum von RKL-Präsident Rechtsanwalt Dr. Helmut Graupner.
Generalanwalt Niilo Jääskinen hat in seinen kürzlich veröffentlichten Schlußanträgen dem EuGH ein Urteil vorgeschlagen, wonach gleichgeschlechtliche Paare in der gesamten Union Zugang zu allen arbeitsrechtlichen Vergünstigungen haben müssen, wie sie Ehepaaren gewährt werden. Basierend auf dem Grundsatzurteil im, ebenfalls von RKL-Präsident Helmut Graupner vertretenen, Fall Maruko gg. VdBB (01.04.2008), und der Argumentation der ILGA-Europa folgend, führt er aus, dass die Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Ehe- und Familienrechts bei den Mitgliedstaaten und nicht bei der Union liegt.
Wenn aber ein Mitgliedstaat sich dazu entscheidet, die Zivilehe verschiedengeschlechtlichen Paaren vorzubehalten, darf er auf Grund der EU-Antidiskriminierungs-Richtlinie arbeitsrechtliche Vergünstigungen nicht auf Ehepaare beschränken sondern muss auch (obwohl nicht verheiratet) gleichgeschlechtlichen Paaren Zugang zu diesen Leistungen gewähren.
Gewährt ein Mitgliedstaat eingetragenen Paare eine vergleichbare Rechtsposition wie Ehepaare, so stellt die Verweigerung solcher arbeitsrechtlicher Leistungen und Vergünstigungen eine direkte Diskriminierung gegenüber heterosexuellen Ehe-Paaren dar. Bietet ein Mitgliedstaat nur eine eingetragene Partnerschaft an, die mit der Ehe nicht vergleichbar ist oder lässt er überhaupt keine Registrierung gleichgeschlechtlicher Paare zu, so begründet eine solche Verweigerung eine indirekte Diskriminierung.
Allgemeiner Grundsatz des Unionsrecht
Der Schutz der Ehe und Familie können solche Diskriminierungen nicht rechtfertigen, so der Generalanwalt (par. 106-111). Auch nicht, wenn dieser Schutz, wie in Deutschland, durch die Verfassung geboten ist. Dem Unionsrecht kommt auch Vorrang vor nationalem Verfassungsrecht zu.
Der Generalanwalt betont, dass das Verbot von Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt (par. 129-133). Daher sei das Verbot auch nicht auf die Zeit nach der Erlassung der EU-Antidiskriminierungs-Richtlinie (2000/78/EG) oder auf die Zeit nach Ablauf der Umsetzungsfrist (Dezember 2003) beschränkt, sondern entfaltet volle Wirkung auch für die Zeit davor. Gleichbehandlung und Entschädigung für Diskriminierung können daher rückwirkend zum Beginn einer Diskriminierung geltend gemacht werden.
In den meisten Fällen folgt der EuGH den Schlußanträgen der Generalanwälte
"Die Schlußanträge des Generalanwalts sind für die gesamte Union richtungweisend", sagt der Präsident des RKL und Anwalt von Jürgen Römer, Dr. Helmut Graupner, "Wenn ihnen der EuGH folgt, werden alle 27 Mitgliedstaaten homosexuellen Paaren Zugang zu allen arbeitsrechtlichen Leistungen und Vergünstigungen gewähren müssen, wie sie Ehepaare haben; gleichgültig ob ein Mitgliedstaat eine eingetragene Partnerschaft hat oder nicht".
Das 1991 gegründete Rechtskomitee LAMBDA (RKL) arbeitet überparteilich und überkonfessionell für die umfassende Verwirklichung der Menschen- und Bürgerrechte gleichgeschlechtlich l(i)ebender Frauen und Männer. In seinem Kuratorium vereinigt es so prominente Mitglieder wie Altbundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer, NRPräs. Mag. Barbara Prammer, die vormalige Justizministerin Mag. Karin Gastinger, den Ehrenpräsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates NRAbg.a.D. Peter Schieder, Volksanwälting NRAbg.A.D. Mag. Terezija Stoisits, den vorm. Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Dr. Erik Buxbaum, die vorm. Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter Dr. Barbara Helige, die Vizepräsidentin der Rechtsanwaltskammer Wien Dr. Elisabeth Rech, den Vorstandsvorsitzenden der D.A.S.-Rechtsschutzversicherung Dr. Franz Kronsteiner, den Präsidenten des Weissen Rings Dr. Udo Jesionek, den Generalsekretär von Amnesty International Österreich Mag. Heinz Patzelt und die bekannten Menschenrechtsexperten Dr. Lilian Hofmeister und Univ.-Prof. Dr. Manfred Nowak, die Verfassungsexperten Univ.-Prof. Dr. Christian Brünner, Univ-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk, Univ.-Prof. Dr. Heinz Mayer und Univ.-Prof. Dr. Ewald Wiederin, den renommierten Kinder- und Jugendpsychiater Univ.-Prof. Dr. Max Friedrich und die Kinder- und JugendanwältInnen von Wien DSA Monika Pinterits und Dr. Anton Schmid, die Sexualwissenschafter Univ.-Prof. Dr. Josef Christian Aigner, Univ.-Prof. Dr. Rotraud Perner und Univ.-Lekt. Mag. Johannes Wahala, Life-Ball-Organisator Gery Keszler u.v.a.m. Das 15jährige Bestehen des Rechtskomitees LAMBDA (RKL) wurde am 2. Oktober 2006 mit einem historischen Festakt im Nationalratssitzungssaal des Parlaments in Wien gefeiert. Dieser weltweit ersten Ehrung einer homosexuellen Bürgerrechtsorganisation in einem nationalen Parlament wohnten unter den über 500 TeilnehmerInnen auch höchste RepräsentantInnen aus Justiz, Verwaltung und Politik bei. Seit 2010 ist das RKL Mitglied der Grundrechteplattform der EU-Grundrechteagentur.
Rückfragehinweis: 0676/3094737; 01/8766112, office@RKLambda.at
*) RKL-Präsident Graupner vertritt ILGA-Europa (die europäische Region der International Lesbian and Gay Organisation ILGA) in einem Präzedenzfall vor dem Gerichtshof der Europäischen Union. In Jürgen Römer gegen die Stadt Hamburg (C-147/08) fordert nun der Generalanwalt, dass gleichgeschlechtliche Paare in der gesamten Union Zugang zu allen arbeitsrechtlichen Vergünstigungen haben müssen, wie sie Ehepaaren gewährt werden.
Herr Jürgen Römer ist ein pensionierter Dienstnehmer der Stadt Hamburg. Seit 1969, also seit über 40 Jahren, lebt er mit seinem Partner Alwin Ulrich. 1999 haben sie ihre Partnerschaft bei der Stadt Hamburg registrieren lassen ("Hamburger Ehe") und 2001, unmittelbar nach der bundesweiten Einführung der eingetragenen Partnerschaft, haben sie die "Eingetragene Lebenspartnerschaft" geschlossen.
Die Stadt Hamburg zahlt Herrn Römer eine niedrigere Pension als verheirateten Pensionisten. Seine Alterspension ist nur deshalb geringer, weil er einen (gleichgeschlechtlichen) eingetragenen Partner und nicht einen (verschiedengeschlechtlichen) Ehepartner hat. Deutschland erlaubt die eingetragene Partnerschaft nur gleichgeschlechtlichen Paaren und die Zivilehe nur verschiedengeschlechtlichen. Herr Römer klagte und das Hamburger Arbeitsgericht legte die Sache dem EuGH vor zur Auslegung der EU-Antidiskriminierungs-Richtlinie.
Herr Römer wird von der Hamburger Rechtsanwältin Birgit Boßert und durch die ILGA-Europa vertreten, diese wiederum von RKL-Präsident Rechtsanwalt Dr. Helmut Graupner.
Generalanwalt Niilo Jääskinen hat in seinen kürzlich veröffentlichten Schlußanträgen dem EuGH ein Urteil vorgeschlagen, wonach gleichgeschlechtliche Paare in der gesamten Union Zugang zu allen arbeitsrechtlichen Vergünstigungen haben müssen, wie sie Ehepaaren gewährt werden. Basierend auf dem Grundsatzurteil im, ebenfalls von RKL-Präsident Helmut Graupner vertretenen, Fall Maruko gg. VdBB (01.04.2008), und der Argumentation der ILGA-Europa folgend, führt er aus, dass die Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Ehe- und Familienrechts bei den Mitgliedstaaten und nicht bei der Union liegt.
Wenn aber ein Mitgliedstaat sich dazu entscheidet, die Zivilehe verschiedengeschlechtlichen Paaren vorzubehalten, darf er auf Grund der EU-Antidiskriminierungs-Richtlinie arbeitsrechtliche Vergünstigungen nicht auf Ehepaare beschränken sondern muss auch (obwohl nicht verheiratet) gleichgeschlechtlichen Paaren Zugang zu diesen Leistungen gewähren.
Gewährt ein Mitgliedstaat eingetragenen Paare eine vergleichbare Rechtsposition wie Ehepaare, so stellt die Verweigerung solcher arbeitsrechtlicher Leistungen und Vergünstigungen eine direkte Diskriminierung gegenüber heterosexuellen Ehe-Paaren dar. Bietet ein Mitgliedstaat nur eine eingetragene Partnerschaft an, die mit der Ehe nicht vergleichbar ist oder lässt er überhaupt keine Registrierung gleichgeschlechtlicher Paare zu, so begründet eine solche Verweigerung eine indirekte Diskriminierung.
Allgemeiner Grundsatz des Unionsrecht
Der Schutz der Ehe und Familie können solche Diskriminierungen nicht rechtfertigen, so der Generalanwalt (par. 106-111). Auch nicht, wenn dieser Schutz, wie in Deutschland, durch die Verfassung geboten ist. Dem Unionsrecht kommt auch Vorrang vor nationalem Verfassungsrecht zu.
Der Generalanwalt betont, dass das Verbot von Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt (par. 129-133). Daher sei das Verbot auch nicht auf die Zeit nach der Erlassung der EU-Antidiskriminierungs-Richtlinie (2000/78/EG) oder auf die Zeit nach Ablauf der Umsetzungsfrist (Dezember 2003) beschränkt, sondern entfaltet volle Wirkung auch für die Zeit davor. Gleichbehandlung und Entschädigung für Diskriminierung können daher rückwirkend zum Beginn einer Diskriminierung geltend gemacht werden.
In den meisten Fällen folgt der EuGH den Schlußanträgen der Generalanwälte
"Die Schlußanträge des Generalanwalts sind für die gesamte Union richtungweisend", sagt der Präsident des RKL und Anwalt von Jürgen Römer, Dr. Helmut Graupner, "Wenn ihnen der EuGH folgt, werden alle 27 Mitgliedstaaten homosexuellen Paaren Zugang zu allen arbeitsrechtlichen Leistungen und Vergünstigungen gewähren müssen, wie sie Ehepaare haben; gleichgültig ob ein Mitgliedstaat eine eingetragene Partnerschaft hat oder nicht".
Das 1991 gegründete Rechtskomitee LAMBDA (RKL) arbeitet überparteilich und überkonfessionell für die umfassende Verwirklichung der Menschen- und Bürgerrechte gleichgeschlechtlich l(i)ebender Frauen und Männer. In seinem Kuratorium vereinigt es so prominente Mitglieder wie Altbundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer, NRPräs. Mag. Barbara Prammer, die vormalige Justizministerin Mag. Karin Gastinger, den Ehrenpräsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates NRAbg.a.D. Peter Schieder, Volksanwälting NRAbg.A.D. Mag. Terezija Stoisits, den vorm. Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Dr. Erik Buxbaum, die vorm. Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter Dr. Barbara Helige, die Vizepräsidentin der Rechtsanwaltskammer Wien Dr. Elisabeth Rech, den Vorstandsvorsitzenden der D.A.S.-Rechtsschutzversicherung Dr. Franz Kronsteiner, den Präsidenten des Weissen Rings Dr. Udo Jesionek, den Generalsekretär von Amnesty International Österreich Mag. Heinz Patzelt und die bekannten Menschenrechtsexperten Dr. Lilian Hofmeister und Univ.-Prof. Dr. Manfred Nowak, die Verfassungsexperten Univ.-Prof. Dr. Christian Brünner, Univ-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk, Univ.-Prof. Dr. Heinz Mayer und Univ.-Prof. Dr. Ewald Wiederin, den renommierten Kinder- und Jugendpsychiater Univ.-Prof. Dr. Max Friedrich und die Kinder- und JugendanwältInnen von Wien DSA Monika Pinterits und Dr. Anton Schmid, die Sexualwissenschafter Univ.-Prof. Dr. Josef Christian Aigner, Univ.-Prof. Dr. Rotraud Perner und Univ.-Lekt. Mag. Johannes Wahala, Life-Ball-Organisator Gery Keszler u.v.a.m. Das 15jährige Bestehen des Rechtskomitees LAMBDA (RKL) wurde am 2. Oktober 2006 mit einem historischen Festakt im Nationalratssitzungssaal des Parlaments in Wien gefeiert. Dieser weltweit ersten Ehrung einer homosexuellen Bürgerrechtsorganisation in einem nationalen Parlament wohnten unter den über 500 TeilnehmerInnen auch höchste RepräsentantInnen aus Justiz, Verwaltung und Politik bei. Seit 2010 ist das RKL Mitglied der Grundrechteplattform der EU-Grundrechteagentur.
Rückfragehinweis: 0676/3094737; 01/8766112, office@RKLambda.at
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